Nicht erst seit heute leben Menschen aus Afrika aus unterschiedlichen Gründen und unter unterschiedlichsten Bedingungen in Berlin. Eine Heimat wurde die Stadt und Deutschland dennoch vielen nicht. Die Ausstellung will anhand exemplarischer Beispiele Lebensläufe afrikanischer Berliner*innen ins Gedächtnis rufen. Gezeigt werden historische Fotos von Menschen afrikanischer Herkunft, die vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts für kürzere oder längere Zeit in Berlin lebten. Jeweils dazugehörige Texte beschreiben ihre Lebensgeschichten, soweit sie bislang rekonstruierbar sind.
Die Biografien der Ausstellung konzentrieren sich auf Lebensverläufe, die für diese Epoche exemplarisch genannt werden können. Lehrer, Schauspieler, Musiker und politisch Engagierte werden sichtbar. Darüber hinaus, aber im Rahmen dieser Ausstellung nicht darstellbar, gab es viele weitere Biografie- und Berufsmuster, so etwa im kaufmännischen Bereich oder in der Fabrikarbeit.
Für alle diese Lebensläufe – auch für die der anderen Epochen – gilt, dass Menschen afrikanischer Herkunft in ihrem Leben in Deutschland von übergreifenden politischen und sozialen Entwicklungen abhingen und somit auch von dem Wertewandel, der mit diesen Entwicklungen jeweils einher geht. Zu den wichtigsten politischen Themen gehören hier zweifellos die deutsche Kolonialepoche von 1888 bis 1919 und die Etablierung der NS-Diktatur mit der Wahl von 1933.
Der Fokus der Ausstellung liegt auf den Jahrzehnten um 1900. Damals fanden einige der zentralen Umbrüche statt, die für die afrikanische Biografik in Berlin relevant wurden. Dieser Zeitraum ist jedoch nur ein Ausschnitt. Wahrscheinlich kamen die ersten Afrikaner im 17. Jahrhundert nach Berlin. Gemälde aus dem 18. Jahrhundert zeigen beispielsweise, dass Friedrich der Große einen schwarzen Diener hatte.
Ende des 19. Jahrhunderts führten zunächst „Völkerschauen“, danach die Einrichtung deutscher Kolonien in Afrika zur vermehrten Migration von Afrikanerinnen und Afrikanern nach Berlin. Es ist anzunehmen, dass viele von ihnen nach dem Ende der deutschen Kolonialzeit 1919 Deutschland verließen. Wer blieb, wurde bald mit den für sie immer gefährlicher werdenden Erscheinungen des Nationalsozialismus konfrontiert. Nur wenige überlebten in Deutschland bis 1945.
Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Afrikanerinnen und Afrikaner in Berlin nur langsam wieder an. Spätestens ab den 1960er Jahren spielten für ihre Lebensläufe neue Faktoren eine Rolle. Dazu gehörten die Unabhängigkeitsbewegungen in Afrika ebenso wie die deutsche Teilung, die zu unterschiedlichen Biografiemustern und -bedingungen für Afrikanerinnen und Afrikaner in den zwei deutschen Staaten führte.
Heute bereichern viele afrikanische Migrantinnen und Migranten und deren Nachkommen den kulturellen Horizont und das Alltagsleben Berlins. Neue Blickwinkel werden eröffnet und Fragen neu gestellt. Fragen nach Identität, Zugehörigkeit oder nach Selbst- und Fremdwahrnehmung. Fragen, die sich auch die Porträtierten dieser Ausstellung gestellt haben könnten. Fragen, die Austausch und Gespräch herausfordern.